Star Trek „Voyager“: Erstflug vor 30 Jahren, Wirkung bis heute
von admin (Kommentare: 0)
Star Trek „Voyager“: Erstflug vor 30 Jahren, Wirkung bis heute
Würdigungen von Fernsehserien, speziell auch von Star-Trek-Serien, haben bei mir viel Tradition. Und so möchte ich auch dieses Mal würdigen, dass Voyager (VOY) genau heute vor 30 Jahren, am 16.01.1995 das 1. Mal im US-Fernsehen durch den Weltraum geflogen ist.
Und mein Kurz-Resümee darf ich gleich am Anfang bringen: Richtig gut, aber ambivalent.
Und hier gleich einige, wichtige Eckdaten zu dieser Serie:
- Direkter Star-Trek-Nachfolger von „The Next Generation“ (TNG) und parallel mit „Deep Space Nine“ (DS9) im Fernsehen gelaufen.
Athmosphärisch genauso hell wie TNG und wieder viel heller als DS9. - Einzige Trek-Serie, die nicht im Alpha-Quadranten, sondern im Delta-Quadranten spielt, jedenfalls fast immer.
- Keine reine Sternenflotten-Crew, sondern eine gemischte Crew, auch mit Mitgliedern der Widerstandsgruppe „Maquis“.
- Ab Staffel 4 eine ehemalige Borg als Crew-Mitglied, die in vielen Episoden auch sehr wichtig für die Handlung ist.
- Politisch besonders korrekte Crew-Zusammensetzung, mit Personen aus allen wichtigen ethnischen Gruppen der USA.
Wiederholung von bereits früher thematisierten Gedanken zu Voyager
Da ich in meinem alten Blog schon das 20. Jubiläum von Voyaer 2015 recht ausführlich und das 25. Jubliäum recht kompakt begangen habe, möchte ich die von dort schon bekannten und immer noch wichtigen Elemente hier nur im Wordrap wiederholen:
Das Setting weit weg von zu Hause ist bei Star-Trek Serien einzigartig und auch persönlich spannend. Gleiches gilt für die Crew, die auch Maquis-Rebellen beinhaltet und damit nennenswerte Konfliktpotentiale hat.
Beides schafft auch einige wirklich gute Episoden, aber eben leider nur wenige.
Vor allem der Maquis-Handlungstrang ist zu kurz gekommen und nach Staffel-1 bis auf eine Handvoll Ausnahmen vorbei.
Damit in Zusammenhang steht die Person des aus der Sternenflotten kommenden stellvertretenden Chefingenieurs Carey. Nicht, dass er per se so ein toller Charakter war, aber er hätte viel Potential für einen Konflikt mit den Maquis und mehr persönlichem Konflikt mit der von diesen stammenden Chefingenieurin B’Elana Torres gehabt.
Generell waren alle Episoden mit Carey aus der 1. Staffel spannend.
Der massive, de facto aus Gründen besserer Einschaltquoten ab Staffel 4 bis zum Serienende eingeführte, Dauerhandlungsstrang mit den Borg gefällt mir auch eher schlecht. Gerade auch, weil dieser Feind, der in TNG beinahe die Förderation vernichtet hätte, doch stark entwertet wird und eher nur mehr ein Gegner unter vielen ist.
Damit direkt in Zusammehang steht, dass bei Voyager – im Gegensatz zu TNG und DS9 – es kein wirkliches Schließen des Kreises der Serie gibt, wo Pilot- und Schluss-Episode homogen ineinander greifen. Hier haben Anfang und Ende der Serie direkt nicht miteinander zu tun.
Die Charaktere finde ich aber gut, auch wenn ich kein Freund von „ethnischem Besetzen“ von Rollen bin.
Speziell einen Indianer als Schlüsselcharakter finde ich innovativ und erfrischend, hat es vorher und – meines Wissens nach – auch bis heute ansonsten nicht mehr in Star-Trek gegeben.
Einfach Wiederholen möchte ich hier meine Einschätzung von 2015 zur Ex-Borg Seven-of-Nine:
Dieser Charakter hat nämlich viel mehr zu bieten, als eine große und gut sichtbar zur Schau gestellte Oberweite, ist einer der am besten ausgearbeiteten Charaktere des gesamten Star Trek Universums. Die "Mensch-Werdung" dieser Borg kann sogar mit dem "Nach-Menschlichkeit-Streben" Datas leicht mithalten!
Geschichten mit Botschaft und gesellschaftlichem Einfluss bis heute
Voyager kann keinen Flaggschiff-Status sowie einen Captain, der auch in der wirklichen Welt eine moralische Autorität bieten, die das die Enterprise-D in Next-Generation tut. Und auch keinen mehrjährigen Handlungsbogen mit einem Kampf um die Existenz des Alpha-Quadranten, wie das Deep-Space-Nine tut.
Generell muss VOY punkto Qualität leichte und punkto Epik sogar mittelgroße Abstriche gegenüber ihren beiden direkten Vorgängerserien machen.
In 1 Punkt ist sie diesen aber sogar überlegen:
In zahllosen für sich genommen sehr guten Einzelgeschichten, die eine tiefer gehende Botschaft vermitteln und deren Themen meist auch heute noch hoch aktuell sind.
Das ist nicht nur nach wie vor unterhaltsam, es bringt mich selbst und auch andere Menschen auch zum nachdenken über die Serie hinaus.
Darum und weil es eben weitgehend in sich abgeschlossene Einzelepisoden sind, sind diese Voyager-Episoden sehr gut für Filmabende geeignet und finden dort, zumindest bei meinen Treffen, auch in der Gegenwart viel Anklang.
Ich möchte hier empfehlenswerte Episoden dieser Serie auflisten und die Hervorhebung in 2 Kategorien unterteilen, rational bewegend und emotional bewegend.
Rational bewegend:
- Nemesis:
Chakotay wacht auf einen fremdem Planeten auf und wird mittels Illusionen und Gehirnwäsche von den dortigen Aliens zu einem ihrer Soldaten propagandiert. - Der Zeitzeuge:
Eine Kopie des holografischen Doktors wacht nach Jahrhundertem mitten in Konflikt auf anderem Planeten auf – für den die Taten der Voyager bzw. deren von beiden Konflikparteien falsch dargestellte Rolle für diesen Konflikt entscheidend mitverantwortlich sind.
Geschichtsverfälschung bleibt auch in der Zukunft aktuell und brisant. - Das Ritual:
Kes befindet sich nach einem Energieschlag auf einem fremdem Planeten in einer Art Koma, für das es kein Erwachen zu geben scheint. Captain Janeway will ihr Crewmitglied retten – und muss dafür ihre von der Naturwissenschaft dominiertes Weltbild hinterfragen und für die Religion öffnen. - Herkunft aus der Ferne:
Fremde werden im Deltaquadranten auf die Voyager und die Menschen aufmerksam. Es stellt sich heraus, dass diese Fremden die Nachfahren von Sauriern auf der Erde sind – was jedoch eine Verletzung ihres zentralen gesellschaftlichen Dogmas darstellt und zu an die Inquisition erinnernde Maßnahmen führt. - Kritische Versorgung:
Der Holo-Doc wird von der Voyager entführt und soll auf einem fremden Planeten praktizieren, wo Reiche sehr viel und Arme sehr wenig medizinische Versorgung bekommen.
Erinnerungen an die massive Kluft zwischen Arm und Reich bei der medizinischen Versorgung in der realen Erde der Gegenwart werden offensichtlich. - Das Mahnmal:
Chakotay, Paris, Kim und Neelix müssen durch die Ausstrahlung eines Obelisken auf einem Planeten gedanklich ein historisches Massaker noch einmal durchleben, damit dieses nie in Vergessenheit gerät. Eine rational wie emotional bewegende Episode.
Emotional bewegend:
- Lebensanzeichen
Eine kurz vor dem Tod stehende vidianische Frau wird auf die Voyager gebeamt. Der Holodoc rettet sie zwischenzeitlich, indem er ihr Bewusstsein in einen holografischen Körper transferiert. Nach zahlreichen Hürden verlieben sich die beiden – doch diese Liebe scheint dramatisch auszugehen. - Schwere:
Tuvok und Tom Paris werden in eine Raumanomalie hineingezogen und stranden auf einem Planeten, wo das Gesetz des Dschungels gilt. Dort treffen sie auf die Außerirdische Noss, die sich in Tuvok verliebt. Für den Vulanier ist aber unmöglich, Liebe zu erwideren, was fatale Folgen zu haben droht. - Das Pfadfinder Projekt
Hier schafft es nach vielen Irrungen und Hürden die Sternenflotte, in Person des mega-schrägen Vogels Lt. Barclay, das 1. Mal mit Voyager Kontakt aufzunehmen, wodurch erstmals ein Nachhausekommen realistisch möglich erscheint – 1. mündliche Botschaft von Admiral Paris an seinen Sohn Tom inklusive. - Unvollkomenheit
Ein zentrales Borg-Implantat von Seven of Nine ist defekt und es scheint keine Rettung mehr für sie möglich. Ihr Ziehsohn und ebenfalls Ex-Borg Icheb möchte ihr sein Implantat überlassen, um Seven zu retten, was diese jedoch ablehnt.
Moral, persönliche Beziehungen und Annehmen von Hilfe werden hier sehr gut thematisiert. - Verheerende Gewalt:
Ein außer Kontrolle geratener Giftmüllfrachter der Malon droht ein ganzes Sonnensystem zu verseuchen. Ein Team der Voyager unter Leitung von Lt. Torres und überlebende Malon versuchen das zu verhindern – und machen auf dem Gifmüllfrachter eine schreckliche Entdeckung, die Torres auch persönlich alles abverlangt. Schuld und Sühne, samt notwendiger, schwieriger Persönlichkeitsentwicklungen sind hier die entscheidenden Themen.
Finale Gedanken zu 30 Jahre Voyager
Die Fußstapfen ihrer beiden direkten Vorgänger, „The Next Generation“ und „Deep Space Nine“ waren für Voyager eine Spur zu groß - aber wirklich nur eine Spur. Und das will etwas heißen, gehören diese gemeinsam mit Babylon-5 doch auch heute noch zu den 3 für mich besten Science-Fiction-Serien aller Zeiten.
In den letzten 2 Jahren habe ich mir viele junge Produktionen angeschaut, auch die aktuellen Star-Trek-Serien „Lower Decks“ und „Prodigy“.
Und speziell im Vergleich zu diesen merkt man der Serie punkto Machart und Erzählweise schon zunehmend ihr Alter von 30 Jahren an, aber auch in diesen Punkten ist sie durchaus noch gut.
Ich habe sie zwar schon sowohl bei der Erstausstrahlung als auch bei voran gegangenen Jubiläumswürdigungen als richtig gut eingeschätzt, aber nicht zuletzt durch die - fast durch die Bank schwächeren - aktuellen Trek-Serien hat sie noch einmal deutlich an Wert gewonnen.
Zudem hat sie zwar nicht die großen, tollen Handlungsbögen von DS9, oder den Flaggschiff-Status samt moralischer Autorität als Kapitän, wie TNG.
Aber sie hat tolle Einzelepisoden, die als mahnende wie positive Beispiele und Denkimpulse für unsere Gesellschaft in der wirklichen Welt dienen - und das mit hoher Aktualität auch noch heute, in den 2020er Jahren.
In diesem Sinne alles Gute zu 30 Jahren „Star Trek: Voyager“ und auf viele weitere, vielleicht sogar wieder 30 Jahre unterhalten und zum Nachdenken bringen!